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Hypervisor ESXi: Virtualisierung für ARM-Systeme

Beitrag von Matthias Schorer, Lead Business Development Manager, IoT, EMEA bei VMware über Edge Computing

Die ARM-Prozessorarchitektur zählt heute zu den wichtigsten Technologien in der Mobile- und IoT-Welt. Die weite Verbreitung dieser Systeme, die in ihren Grundzügen bereits seit den 1980er Jahren existieren, resultiert vor allem aus dem hohen Effizienzgrad, der geringen Stromaufnahme und der vergleichsweise niedrigen Wärmeentwicklung. All das macht sie zu einer kostengünstigen Lösung, die meist lüfterlos arbeiten und auch auf kleinem Raum eingesetzt werden kann. Gerade im Embedded-Bereich in der Industrie hat man daher bereits sehr früh auf ARM-Architekturen gesetzt, weil man hier statt teuren Standardprozessoren von der Stange individuelle Systeme benötigt, die beispielsweise besonders kälte- und hitzeresistent sind oder Erschütterungen besonders gut verkraften.

Industrie 4.0: Immer noch gibt der Schaltschrank den Platz vor

VMware beschäftigt sich bereits seit einigen Jahren mit der Virtualisierung solcher Systeme. Da der Fokus des Unternehmens aber lange Zeit auf Rechenzentrumsanwendungen lag, in denen ARM-Systeme naturgemäß kaum vorkommen, gab es bisher kaum einen denkbaren ARM-basierten Anwendungsfall und kein für Kunden verfügbares Produkt.

Während man in den letzten Jahren die Rechenressourcen eher im Rechenzentrum oder in der Cloud konzentrierte, spielen in Zukunft Edge-Computing-Lösungen eine zunehmend wichtige Rolle. Dabei werden beispielsweise Sensordaten in der Anlage selbst verarbeitet und erst die aggregierten Daten im Compute-Edge-Server weiterverarbeitet, bevor sie dann, vorverarbeitet und verdichtet, ins Rechenzentrum gelangen. Gerade hier kommen in Zukunft aus unserer Sicht vermehrt ARM-basierte Systeme zum Einsatz, so dass sich eine Virtualisierung anbietet, mit deren Hilfe man mehrere Anwendungen effizient realisieren kann. Insofern hat der Kunde am Compute Edge dieselben Anforderungen wie zuvor im Rechenzentrum: Ausfallsicher und robust müssen die Systeme sein, gegeneinander abgeschottet – und einfach in der Administration und im Setup.

Gerade die Digitalisierung von bestehenden Industrieanlagen stellt den Anlagenbau vor handfeste Herausforderungen bei der Ausnutzung des knappen Platzes im Schaltschrank. Wir haben das Projekt Nano Edge ins Leben gerufen, das sich zum Ziel gesetzt hat, ein gerade einmal schuhkartongroßes Datacenter zu realisieren, das drei kleinere Server schaltschrankkompatibel ermöglichen soll. So kann eine kleine VMware-basierte Rechenzelle entstehen, die die Rechenleistung eines großen Datacenters gepaart mit Ausfallsicherheit und Skalierbarkeit in die Anlage trägt, wie sie bislang nur klassischen Rechenzentren vorbehalten war.

Virtualisierung von hoher Relevanz bei Automotive

Neben den industriellen Umfeldern spielen ARM-Architekturen im Automotive-Sektor eine immer größere Rolle. Hier geht man immer mehr dazu über, einzelne Systeme und Steuergeräte, die im Fahrzeug verbaut sind, zusammenzufassen und zentralisiert auf einen Rechner zu bringen. Auch hier müssen die Anwendungen sehr gut gegeneinander abgeschottet sein und sollte sich die Software flexibel administrieren und erweitern lassen – wozu sich Virtualisierung natürlich vortrefflich eignet.

Bis zu hundert Steuergeräte versehen heute in einem Fahrzeug ihren Dienst. Da gibt es zum einen sicherheitsrelevante und zentrale Elemente wie Motorsteuerung, Getriebesteuerung, Airbag, die man vorerst sicher nicht virtualisieren wird. Es gibt aber auch weniger funktionsrelevante Anwendungen im Bereich Infotainment oder Driver Convenience: von Spiegelverstellung über Sitzheizung bis hin zum Autoradio oder Displays. Für diese bietet sich eine zentrale, virtualisierte Lösung geradezu an, anstatt wie heute jeweils einzelne Steuergeräte zu wählen. Das ist einerseits eine Platz- und Gewichtsfrage (die verbauten Systeme wiegen heute 70 bis 80 Kilogramm pro Automobil, also so viel wie ein Passagier), aber auch eine Frage des Spritverbrauchs und der Kabelverlegung.

Eine Virtualisierung solcher Systeme könnte daher ein hohes Maß an Vereinfachung mit sich bringen und dafür sorgen, dass die Automobilhersteller der Vision eines softwareorientierten Automobils einen entscheidenden Schritt näher kommen. Die zentrale IT-Strategie, die ein großer US-amerikanischer E-Auto-Hersteller vorangetrieben hat, könnte dank der ESXi-Virtualisierung von VMware auch zum Vorbild für andere Hersteller werden.

ESXi für ARM-Systeme sorgte für erstaunliche Resonanz

Beim Start in dieses Marktsegment kommt VMware die langjährige Erfahrung und das hierdurch erworbene Know-how zugute, wir fangen also nicht bei Null an. Denn während Intel-Prozessoren, heute über eingebaute Instruktionen verfügen, mit denen sich eine Virtualisierung implementieren lässt, ist dies in ARM-Umgebungen nicht der Fall. Speicherbereiche abgrenzen oder die Rechenleistung per CPU-Scheduling verteilen – all das können wir dank Legacy-Technologie und Know-how aus einer Zeit, in der auch Intel dies noch nicht implementiert hatte, auch ohne Instruction Set umsetzen. Das wird ein Wettbewerbsvorteil bei der ARM-Virtualisierung sein.

Für uns als VMware ist das die Chance, Millionen von Systemen, die aktuell noch nicht virtualisiert arbeiten, mit unserer Software zu unterstützen. Wir haben anlässlich der VMworld 2018 in Las Vegas einen Case mit einem Raspberry Pi gezeigt und damit demonstriert, dass unser Hypervisor so klein und wenig speicherhungrig ist, dass er auch auf einer solchen Umgebung lauffähig ist. Die Resonanz hierauf war erstaunlich gut – wir hatten offen gestanden nicht mit diesem starken Interesse und dieser großen Begeisterung gerechnet. Es gibt also bei vielen Nutzern und Unternehmen offenbar das Interesse, den Hypervisor auf solchen Architekturen laufen zu lassen – ein spannender und herausfordernder Markt, den wir als relevant empfinden und in Zukunft im Auge behalten werden.

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