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Wie Deutsche, Briten und Japaner zu künstlicher Intelligenz und Automatisierung stehen

Beitrag von Matthias Schorer, Lead Business Development Manager, IoT, EMEA bei VMware

Im Rahmen einer international vergleichenden Studie hat VMware in Zusammenarbeit mit namhaften Forschungsinstituten in den Deutschland, Großbritannien und Japan Verbraucher im Alter zwischen 18 und 65 Jahren zu ihrer Einstellung zum Thema Automatisierung und künstliche Intelligenz in bestimmten Technologiefeldern befragt. Die Ergebnisse der 2017/18 entstandenen Studie (Online-Befragung) sind beeindruckend,  zeigen sie doch selbst zwischen diesen drei hoch technisierten Industrieländern, die jeweils in der einen oder anderen Art als Vorreiter im Technologiesektor gesehen werden können, auffällige Unterschiede. Doch deutlich wird vor allem eins: Auch wenn viele der Unterschiede mit der jeweiligen Landeskultur zu erklären sind, heißt das nicht, dass eines der Länder die Chancen von digitalen Mehrwerten und künstlicher Intelligenz (KI) grundlegend verkennt.

Betrachtet man die Ergebnisse, wird sehr schnell klar, dass gerade die Japaner sowohl den Deutschen als auch den Briten in ihrer Grundeinstellung und im Vertrauen auf Technologie einiges voraus haben. So wurden die Teilnehmer der Studie unter anderem gefragt, welcher Bereich von automatisierten Services ihr Leben am stärksten verändern würde. Immerhin 19,7 % der Japaner entschieden sich hier für selbstfahrende Automobile und auch für KI-Anwendungen im Gesundheitsbereich waren die Japaner besonders zu gewinnen (23,9 %). Unter den deutschen Befragten fanden dagegen 23,3 % hoch automatisierten Handel am interessantesten und 22,6 % Finanzdienstleistungen auf KI-Basis besonders spannend.

 

Japaner deutlich weniger skeptisch bei autonomem Fahren als Deutsche

Das große Vertrauen der Japaner gegenüber Automatisierung und Technik spiegelt sich auch sehr gut in einer anderen Frage wider: Während jeder zweite Japaner (51 %) sicher oder wahrscheinlich autonome Fahrzeuge nutzen würde, war der Wert bei den Briten und Deutschen hier mit 39, bzw. 40 % um einiges niedriger. Auf die Frage, ob sie, wenn sie ein autonomes Fahrzeug hätten, ihr Kind damit von der Schule abholen würden, antworteten 51 % der Japaner, sie würden dies sicher oder wahrscheinlich tun, während diese Quote unter den Briten bei 21 %, unter den deutschen Befragten gar nur bei mageren 13 % lag. Hier wird die Industrie in den kommenden Jahren noch einiges an Überzeugungsarbeit zu leisten haben. Während in Japan vollständig autonome Fahrzeuge schon bald gute Chancen auf Akzeptanz haben, werden es in Europa zunächst Fahrassistenten und unterstützende Elemente sein, die bei den Fahrern ankommen, etwa Spurassistenten oder Einparkautomatiken.

Auf die Frage an die Skeptiker, warum sie autonomes Fahren ablehnen, hatten die Deutschen übrigens signifikant seltener Angst vor Unfällen (34 % gegenüber mehr als 50 % bei den anderen Befragten), wohingegen sich die Japaner deutlich seltener daran störten, dass sie weniger Kontrolle über ihr Fahrzeug hätten (31,5 % gegenüber 52 % und 55 % in den anderen Ländern). Die sprichwörtliche Freude am Fahren ist bei den Japanern ebenfalls deutlich weniger ausgeprägt als bei Briten und Deutschen. Die Japaner, die autonomes Fahren befürworten, tun dies deutlich häufiger als die Befragten anderer Nationen, weil sie die Technik als sicherer betrachten als den menschlichen Fahrer. Gründe wie Umweltschutz oder geringerer Benzinverbrauch werden hier zudem deutlich seltener genannt als bei Deutschen und Briten.

Betrachten wir datengetriebene Technologien und Automatisierung in verschiedenen Lebensbereichen, dann wird außerdem schnell deutlich, dass die Japaner auch zum Datenschutz ein gänzlich anderes Verhältnis haben als die Europäer: Während die Befragten aus Großbritannien und Deutschland sich zu rund zwei Dritteln etwas oder sehr darum sorgen, dass Automatisierung zu weniger Datenschutz und Privatsphäre führen würden, ist das in Japan rund zwei Dritteln gleichgültig oder unwichtig. Insgesamt hat man aber auch den Eindruck, dass Japaner in vielen Fragen bezüglich der Einschätzung von Automatisierung noch unentschlossen oder einfach gleichgültiger sind als europäische Befragte. Während die Deutschen und die Briten sowohl gegenüber autonomen Fahrzeugen als auch gegenüber Automatisierung in der Medizin oder Finanzberatung noch zu einen vergleichsweise hohen Prozentsatz ablehnend gegenüber stehen, findet man in Japan in all diesen Fragen zwischen 40 und 50 %, die sich nicht für Zustimmung oder Ablehnung entscheiden können.

Auffällig sind auch einige Erkenntnisse im Gesundheitsbereich. Hier erklärt die absolute Mehrheit der deutschen Befragten, dass es angesichts künstlicher Intelligenz leichter werde, dem Urteil eines menschlichen Arztes oder einer Krankenschwester zu vertrauen (92,3 %). Die Zeit der Halbgötter in Weiß ist also endgültig vorbei und die neun von zehn der Befragten versprechen sich von KI eine zweite Meinung in medizinischen Fragen. Außerdem erhoffen sich die Deutschen von KI-Unterstützung im Healthcare-Sektor kürzere Wartezeiten und schnellere und korrektere Diagnosen, während Briten und Japaner eine deutlich weniger klar gefasste Meinung bezüglich der Vor- und Nachteile zu gesundheitsspezifischer Automatisierung haben. Wahrscheinlich spielen hier die intensiven Diskussionen in der deutschen Öffentlichkeit eine entscheidende Rolle. Am seltensten erwarten Briten einen Nutzen von künstlicher Intelligenz in der Medizin (37 %), während der Wert bei Deutschen und Japanern hier höher ist (47 %, bzw. 54 %).

Deutsche Nutzer sehr bedacht auf Datenschutz und Privatsphäre

Differenziert zu betrachten sind Chatbots im Handel. Diese sind insbesondere den Deutschen noch suspekt. So erklärten zwei von drei Befragten, ein Chatbot wäre wahrscheinlich oder sicher ein höheres Risiko in Sachen Datenschutz als ein Verkäufer als Fleisch und Blut. Unter den Briten waren dagegen zwei von drei Befragten der Meinung, sie würden keine personalisierten Einkaufsempfehlungen und keine Targeting-Werbung wünschen. Deutsche und Japaner waren hier aufgeschlossener.

Insgesamt zeigte sich auch hier, dass Japaner deutlich großzügiger und genügsamer sind. Insbesondere wäre es nur wenigen Japanern unangenehm, wenn sie mitbekämen, dass ein datengetriebener Bot über diverse persönliche Informationen über sie verfügen würde. Jedoch achten Japaner auch weniger darauf, ob sie mit einem Chatbot sprechen: Nur 12 % konnten sich daran erinnern, dass sie dies schon einmal getan haben (Großbritannien 27 %, Deutschland 40 %). Und wer japanisches Alltagsleben kennt, weiß, dass hier computergetriebene Beratung deutlich weiter verbreitet ist als in Europa. Es könnte allerdings sein, dass Sprach-Bots aufgrund der Komplexität der Sprache hier tatsächlich auch noch weniger häufig vorkommen als insbesondere im englischsprachigen Raum, respektive in UK.

Wenig einheitlich ist das Bild schließlich bei Finanzdienstleistungen: Hier verspricht sich jeder zweite der Befragten in Japan geringere Wartezeiten und jeder Vierte rechnet mit besseren Prozessen in der Informationsübermittlung. Die Deutschen befürchten hingegen schlechteren Kundenservice aufgrund geringeren Kontakts mit menschlichen Mitarbeitern (71,8 %) – die traditionell hohe (wenn auch inzwischen abnehmende) Filialdichte in Deutschland wird hier vor allem von älteren Kundengruppen geschätzt. Und auch bei dieser Frage fürchtet wiederum jeder Zweite Gefährdungen in der Datensicherheit und Privatsphäre. Immerhin versprechen sich auch unter den Deutschen 44 % kürzere Wartezeiten in der Bank. Die Briten hingegen erwarten sich insbesondere im Banking-Bereich wenig Veränderungen durch KI-Features – hier sind die Prozentwerte sowohl bei möglichen Chancen als auch bei befürchteten Risiken signifikant niedriger als in den beiden anderen Ländern.

Als Fazit lässt sich feststellen, dass Japaner insbesondere gegenüber smarten Fahrzeugen und autonomem Fahren deutlich aufgeschlossener sind als Deutsche oder Briten. Die vertrauen zumindest heute noch ihren eigenen Fähigkeiten beim Fahren deutlich mehr als einer Technik, die erwiesenermaßen eine Vielzahl von Entscheidungen zumindest mittelfristig deutlich sicherer treffen können wird als der Mensch. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass nur eine Minderheit in Deutschland ihre Kinder einem autonomen Fahrzeug anvertrauen würde, was angesichts von diversen Unfällen in der Vergangenheit im Zusammenhang mit Schulbussen eher wenig rational erscheint.

Die gerade bei Deutschen und Briten verbreitete Befürchtung des Kontrollverlusts zieht sich auch durch eine Vielzahl der weiteren Antworten, sei es im Gesundheitswesen oder im Handel. Wenn wir es positiv formulieren wollen, ist das Vertrauen in menschliche Fachkräfte hier noch deutlich höher als gegenüber der Technik. Technologieunternehmen werden es hierzulande aber nicht nur deswegen schwer haben bei der Einführung von Innovationen: Als Befürchtung, die sich über sämtliche Fragenkomplexe zieht, hat sich bei den Deutschen das Thema Datenschutz und Privatsphäre erwiesen – eine Skepsis, für die die Deutschen international bekannt sind und die, so gesund sie in Maßen auch sein mag, uns im übertriebenen Umfang viele Chancen auf spannende Zukunftstechnologien verbauen könnte.

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