Beitrag von Matthias Schorer, Lead Business Development Manager, IoT, EMEA bei VMware
Das Fraunhofer Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung (IOSB) ist dem Smart Electronic Factory e.V. (SEF) als neues Mitglied beigetreten. Das gemeinsame Ziel der Kooperation, sind Entwicklungen für Industrie 4.0. Neben dem zu erwartenden Entwicklungsschub, für smarte Technologien durch die ergänzende Expertise von Fraunhofer, dürfte die von der Kooperation ausgehende Signalwirkung für die gesamte Industrie-4.0-Landschaft mindestens ebenso wichtig sein.
Immer wenn eine neue Technologie entsteht, die für eine breite Anwendung konzipiert ist und deren Entwicklung von vielen verschiedenen Marktteilnehmern vorangetrieben wird, gibt es unterschiedliche technologische Ansätze. Sie verfolgen zwar das gleiche Ziel, setzen dafür aber oft auf unterschiedliche Verfahren. Das ist zunächst auch nicht nachteilig, denn so wird sichergestellt, dass am Ende eine optimale Lösung gefunden wird. Allerdings folgt spätestens mit der ersten Produktionsreife ein Kampf um Marktanteile, der für alle Beteiligten Nachteile mit sich bringen kann.
Ein gutes Beispiel kennen wir alle aus dem Bereich der Consumer Electronics. Als Anfang der 1970er Jahre das Videozeitalter im Heimbereich eingeläutet wurde, konkurrierten gleich mehrere Technologien um die Käufer. Obwohl die europäischen Unternehmen Grundig und Philips mit ihrem VCR-System durch den früheren Markteintritt einen Vorteil besaßen und es mit Betamax und Video 2000 weitere Entwicklungen gab, konnte sich am Ende das japanische Konkurrenz-Format VHS durchsetzen. Gedauert hat dieser als „Formatkrieg“ bekannt gewordene Technikwettstreit rund 15 Jahre. Hätte man sich stattdessen früh auf einen Standard geeinigt, der nicht nur die Interessen eines Herstellers berücksichtigt, sondern holistisch betrachtet die optimale Lösung für den Markt darstellt, hätten Hersteller wie Konsumenten davon gleichermaßen profitiert.
Warum ist der Eintritt von Fraunhofer so interessant?
Was hat das jetzt mit dem Thema Smart Factory und Fraunhofer zu tun? Eine ganze Menge. Denn auch hier droht uns die Entstehung einer fragmentierten und untereinander inkompatiblen Technologielandschaft. Der Smart Electronic Factory e.V. hat sich mit der Gründung 2015 zum Ziel gesetzt, „Unternehmen den Weg in die vierte industrielle Revolution zu ebnen“. Gerade für den Mittelstand sind die Anforderungen enorm. Hoher Innovationsdruck und kurze Produktzyklen lassen wenig Spielraum für Experimente an den Fertigungsstraßen im Produktivbereich. Das SEF-Konsortium hat daher eine Evaluierungsumgebung für Industrie-4.0-Lösungen entwickelt, in der sich intelligente Fertigungsprozesse nicht nur demonstrieren und erforschen lassen, sondern unter realen Bedingungen auf mögliche Fehlerquellen hin getestet werden können. Die datengestützte und automatische Fehlerursachenerkennung der Smart Electronic Factory in Limburg a. d. Lahn sorgt somit für eine beschleunigte Umsetzung von Industrie 4.0, bei gleichzeitiger Risikominimierung für kostenintensive Produktionsausfälle oder Qualitätseinbußen.
Mit dem Eintritt von Fraunhofer IOSB bekommt der Smart Electronic Factory e.V. neue Expertise. Das Fraunhofer Institut bringt ein hohes internationales Renommee mit und steht seit vielen Jahren für die Entwicklung und Erforschung von Standards. Das bekannteste Beispiel dafür ist die Entwicklung des MP3-Formats. Aber auch für die Industrie 4.0 hat Fraunhofer mit den offenen Standards AutomationML und OPC UA zwei wichtige Technologien entwickelt. Sie sollen Maschinen und Anlagen genauso schnell und einfach an IT-Infrastruktur anbinden, wie wir heute USB-Geräte an unseren Computer koppeln können.
Ein weiteres Kooperationsthema ist die IT-Sicherheit. Neben der Optimierung der Mensch-Maschine-Interaktionen durch Technologien wie Gesichts- und Personenerkennung, Körper- und Gestenerkennung sowie -verfolgung, geht es konkret um die Absicherung der IT-Systeme. Das Fraunhofer IOSB setzt dafür auf ein eigens entwickeltes IT-Sicherheitslabor, das genau wie die Smart Electronic Factory wie ein Reallabor eingesetzt werden kann. Getestet werden hier aktuell auf Anomalien in den Produktionsprozessen, die Produktionssteuerung und -überwachung sowie die Erkennung von Schwachstellen in Konfigurationen und Fehlern in Software-Implementierungen von Komponenten und Geräten.
Starkes Signal für eine ganze Branche
Gestärkt wird durch Fraunhofer auch die Anbindung an die wissenschaftliche Forschung. Durch die Nähe zu den Hochschulen bekommen auch Studenten einen besseren Zugang zum Bereich IoT. Insgesamt darf man sich durch die Kooperation eine große Signalwirkung erhoffen, die die Akzeptanz des Smart Electronic Factory e.V. durch die wissenschaftliche Expertise des Fraunhofer Instituts auf eine breite Basis stellt. Begrüßenswert ist auch die Einbeziehung der IT-Sicherheit, denn Produktionssysteme können im virtualisierten Betrieb besser geschützt und vor Ausfällen abgesichert werden.
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